Newsletter Nr. 3
“Im Fluss des Lebens gibt es viele Strömungen, Strudel und andere Gefahrenquellen.
Niemand befindet sich jemals am sicheren Ufer. Gesund im Sinne von Salutogenese
bedeutet in dieser Situation ein guter Schwimmer zu werden.”
(Aaron Antonovsky Salutogenese)
In Bezug auf unser Kursangebot, das im März startet, ist und häufig die Angst vor Veränderungen begegnet. Andreas Jung und ich, Silke Behring, haben gemeinsam über diese Angst gesprochen und Andreas Jung hat dann den folgenden Text verfasst. Es sind Gedanken zum Thema “Veränderung bei psychischer Erkrankung”.
Psychisch kranke Menschen haben häufig mehr Angst vor Veränderungen, als Menschen ohne seelische Handicaps. Aber auch dort ist der Mensch ein Gewohnheitstier. Diese Angst hängt damit zusammen, dass wir stabil bleiben wollen, wenn wir es denn nicht sind. Die ganze sozialpsychiatrische Praxis ist meist auf gesundheitliche Stabilität fixiert. Das hemmt und blockiert oft solche notwendigen Entwicklungen, die bedeuten, dass der Durchlauf durch psychische Krisen eine wirkliche Gesundung erst möglich macht. Umso heftiger fällt dann bei der vermeintlichen Stabilität die Erkrankung nachher aus. Wirklich stabil im Sinne von gesund bleiben kann nur der, der sich verändert. EX-IN ist aber eine Praxis der Veränderung und zwar einer Veränderung die durch Dialoge, Rollenspiele und persönliche Entscheidungen herbeigeführt wird und zwar als etwas was Menschen gemeinsam tun und erleben. Entwicklung ist auch ein Zustand des Glücks.
Rollenwechsel – das ist eine der häufigsten Ängste, die Menschen bei der EX-IN Ausbildung haben. Niemand ist nur krank oder nur gesund. Insofern trägt der Rollenwechsel einer Tatsache Rechnung, die eigentlich für jeden gilt. Menschen die sich nur für krank halten, stigmatisieren sich selbst. Das wirkt sich fast aus wie eine zweite Erkrankung und führt dazu, dass sie aus der ihnen zugewiesenen Rolle nicht herauskommen. Das ist nicht nur diskriminierend, sondern führt dazu, dass wir keine wirkliche Chance auf Genesung haben. Der Rollenwechsel macht es möglich, sich selbst als gesund zu erfahren, und gleichzeitig nimmt er die Krankheit des Gegenübers als Chance war, dass es bei Ihm nicht so bleiben muß und dass die Erkrankung auch einen Schatz enthält, der geborgen werden will. Die EX-IN Ausbildung ist für eine derartige Schatzsuche die beste Voraussetzung.
Angst vor Überforderung. Psychiatrierfahrene bringen ihre Krisen oft in Verbindung mit Überforderung. Daraus folgt meist, dass man ihnen Nichts oder nur noch sehr wenig zutraut, um ihren Lebenszusammenhang möglichst stabil zu halten. Eine solche Stabilität führt aber dazu, dass ein Mensch seine Würde verliert. Mensch sein bedeutet, auch sich einem Wagnis auszusetzen und ein begrenztes Risiko in Kauf zu nehmen. Nicht jeder Krankenhausaufenthalt ist ein Drama, sondern er kann im Gegenteil auch eine Resource für eigene Weiterentwicklungen sein.
Die EX-IN Kurse machen in der Regel großen Spaß. Humor ist dabei ein wichtiges Mittel, sich mit anderen zu verändern, und Vergangenes kann dann von einem abfallen wie Schlacke. Wem es zu nah wird, hat jederzeit die Möglichkeit sich herauszunehmen und den andern auch Grenzen aufzuzeigen. Halt hier bin ich! Es wird jederzeit die Grenze der Einzelperson respektiert.
Ich selbst mache gerade die Erfahrung, dass mich eine Krise erwischt hat. Ich erlebe das aber gar nicht als dramatisch. Es gehört für mich dazu, dass ich mich durch diese Krise weiterentwickele. Ich mache ganz andere Erfahrungen im Krankenhaus mit der “anderen” Haltung, die ich mitbringe. Es zeigt sich für mich – schon ohne Kurs – dass ich ein viel größeres Maß an Selbstwirksamkeit empfinde als jemals zuvor.
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Silke Behring
2. Vorsitznende, Wächtersbach
EX-IN Hessen e.V.
Vorsitzender: Andreas Jung, Marburg
Finanzen: Jan Kemmler, Marburg
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