EX-IN Hessen e.V.

Newsletter Nr. 6

Newsletter Nr. 6

Liebe Freunde von EX-IN Hessen e.V.,

sehr geehrte Damen und Herren,

am 16. Mai 2015 wird in Marburg in den Räumen der Tagesstätte ZAK die Vollversammlung unseres Vereins stattfinden. Alle Mitglieder und Freunde des Vereins sind herzlich eingeladen. Es stehen Vorstandswahlen, der Bericht des Vorstandes und die Kassenprüfung an. Bis dahin ist auch der erste Kurs zur Ausbildung von Genesungsbegleitern erfolgreich zu Ende gegangen.

Da stellt sich die Frage, welche Kompetenzen ausgebildete Genesungsbegleiter übernehmen können?

Andreas Jung, der Vorsitzende des EX-IN Hessen Vereins, hat im vergangenen Jahr als Genesungsbegleiter im Sozialamt in Marburg gearbeitet. Seine Erfahrungen – hauptsächlich mit Menschen, die an einer Abhängigkeitserkrankung litten und die häufig um die Anerkennung ihrer zweiten Diagnose kämpfen (Sozial- und Gesundheitsamt)- hat er in einem Bericht niedergeschrieben, den wir als Verein in Zusammenfassung an euch/ Sie senden möchten, um einmal darzustellen, welche Aufgaben ein Genesungsbegleiter übernehmen kann:

Die Arbeit des Genesungsbegleiters als ehemals Betroffener macht partnerschaftliches Handeln durch professionelle Nähe (Erfahrungsnähe) möglich. Sie dient einer inklusiven Gesundheitsförderung, ohne dass der Staat Kontrolle ausübt.

Im Umgang mit Klienten ist zuallererst die regelmäßige Kontaktaufnahme zu nennen. Diese Kontakte sind Besuche in der Wohnung des Klienten, Telefonate und auch Gespräche im EX-IN Büro. Ist der Klient im Krankenhaus, wird er dort regelmäßig besucht.

Neben diesen Besuchen unterstützt der Genesungsbegleiter den Betroffenen auch bei der Kontaktaufnahme zu Ärzten. Insbesondere die Kontaktaufnahme zum Hausarzt ist wichtig, da dieser für viele die einzige Vertrauensperson darstellt. Nicht wenige Klienten leiden unter Mangelerscheinungen, hygienischen Problemen, fehlenden Zähnen und fehlendem Zahnersatz. Unter Wahrung der Schamgrenze kann hier der Genesungsbegleiter in Zusammenarbeit mit dem Klienten und den Ärzten präventiv gegen Stigmatisierung tätig werden.

Der Genesungsbegleiter kann, wenn der Klient dies wünscht, auch Kontakt mit Selbsthilfeeinrichtungen, Trialogen und anderen Gruppen für psychisch Gehandicapte aufnehmen und den Klienten begleiten. Solche Gruppen stärken die Selbstbefähigung (Empowerment) durch die Aufwertung des Erfahrungsschatzes der Betroffenen. Manchmal wird dort auch der Wunsch nach therapeutischer Begleitung wach, den der Genesungsbegleiter unterstützt.

Aufgabe des Genesungsbegleiters kann auch die Kontaktaufnahme und Konfliktbegradigung mit Vermietern sein. Oberste Präferenz ist dabei, eine Mietkündigung zu verhindern, zumal wenn dies Obdachlosigkeit zur Folge haben könnte. Manche Betroffene habe Messi ähnliche Zustände in der Wohnung, die auf Dauer eingedämmt und langfristig verhindert werden müssen. Eine Haushaltshilfe oder eine Betreuung lehnen viele Klienten ab. Aber psychisch erkrankte Menschen, in diesem Fall hauptsächlich Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen, haben das Recht auf eine Wohnung, die ihnen ein Mindestmaß an Stabilität gibt.

Beschäftigungmöglichkeiten kann der Genesungsbegleiter mit dem Klienten erörtern. Dies kann der Besuch einer Tagesstätte oder einer Rehawerkstatt sein. In der Tagesstätte hat der Klient die Möglichkeit einfach nur dazusein. Der Nachteil besteht allerdings darin, dass es meist keine Fortbildung der Nutzer hinsichtlich einer Vernetzung von Biografiearbeit und alternativen Gesundheitsmodellen (Salutogenese) gibt. Bei Rehawerkstätten muss der Kontakt zu den Rentenversicherungsträgern oder zum Arbeitsamt aufgenommen werden, damit der Klient teilnehmen darf. Die Inklusion wird durch eine mögliche Rente der Rehabilitanden erstrebt. Viele Schwerbehinderte wissen allerdings nicht, ob sie aufgrund ihrer Handicaps dieses Ziel je erreichen, ob sie die manchmal monotone Arbeit bewältigen und wie sie die Wartezeit bis zur Aufnahme überbrücken. Inklusive Beschäftigung kann auch die Teilnahme an einem Projekt sein, das keine Sonderwelt für den Betroffenen schafft, sondern ihm ermöglicht selbstbestimmt an einem Arbeitsplatz tätig zu werden. Der Betroffene geht auf einen normalen Arbeitsplatz, den er vorschlägt, damit die Begleiter in seinem Sinne tätig werden können.

Der Genesungsbegleiter kann seinen Klienten auch als Fürsprecher zu Behörden begleiten, da manchen die Fähigkeit für sich zu sprechen aufgrund von Ängsten fehlt oder nie bestanden hat.

EX-IN Genesungsbegleiter arbeiten, wenn es geht, immer trialogisch. Angehörige sind oft eine der wenigen Türen zum Klienten. Wichtig ist im Kontakt zu Ihnen, einen Prozess der Entschuldung des schlechten Gewissens zugunsten von Verantwortung zu bewirken.

Der Genesungsbegleiter und sein Klient profitieren von einer guten Verzahnung von Genesungsbegleiter zu den sozialen Diensten der Behörden. Manchmal kommt es zu Differenzen mit Sachbearbeitern. Hilfreich können regelmäßige Kurzberichte über den Klienten sein. Wenn juristische Probleme im Spiel sind, sind solche Berichte besonders wichtig. Gegebenenfalls muss auch ein Rechtsbeistand eingebunden werden. Dabei kann der Genesungsbegleiter mit dem Klienten zusammen einen Beratungsschein beantragen.

Bei einer längeren Zusammenarbeit können auch Genesungspläne aufgestellt werden. Sie geben die Möglichkeit, die eigenen Genesungswünsche zu planen (Recovery) und den Recoveryprozess selbstbestimmt mitzugestalten. Auch die Frage nach dem Sinn der Erkrankung, die der Klient stellt, kann mit dem Genesungsbegleiter erörtert werden. Wenn Klienten sich selbst aufgeben, hat der Begleiter die Aufgabe, stellvertretend für ihn auf einen Fortschritt der Genesung zu hoffen.

Ich hoffe, wir konnten hier die Arbeit eines Genesungsbegleiters anhand der Erfahrung von Andreas Jung klar umreißen.

Es grüßt euch/Sie

i.A. Silke Behring

2. Vorsitzende von EX-IN Hessen e.V.

EX-IN Hessen e.V.
Erlenring 20
35037 Marburg

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